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Topfschlagen und der Kuss

Hi Dittmar, ich hab ein Inter­view mit dir gese­hen, das hat mich berührt.
Kann ich dich was fragen? Wenn es kein Ich gibt, wer ist es dann, der ent­schei­det, ob ich den Apfel esse oder den Burger?

Zum Thema “Apfel oder Burger”: Im Ent­schei­dungs­pro­zess spie­len Vor­lie­ben des Orga­ni­smus eine Rolle, Erin­ne­run­gen daran, wie gut der letzte Bur­ger oder Apfel geschmeckt hat, Gedan­ken über Geld, Ver­füg­bar­keit (“wo ist der näch­ste …”), Öko­lo­gie und Moral (Vega­ner), viel­leicht der Wunsch abzu­neh­men oder sich gesün­der zu ernäh­ren … und so wei­ter. Also ein Gedanke taucht auf an einen Apfel oder einen Bur­ger und bringt ent­spre­chende Gefühle mit sich. Das “über­zeu­gend­ste” = inten­siv­ste Gefühl setzt sich wahr­schein­lich durch. Die­ser Ent­schei­dungs­pro­zess ent­schei­det, egal ob er bewusst oder unbe­wusst abläuft.

Soweit meine Beschre­ibung, in der kein Ent­schei­der vor­kommt. Erlebst du es anders oder wür­dest du es anders beschreiben?

Ich erlebe es schon stark so, dass es einen Ent­scheider in allen Situ­a­tio­nen gibt. Ich habe schon das Gefühl, das ich z.B. aus­ge­sucht habe, was ich stu­diere und nicht, dass es ein­fach von selbst pas­siert ist. Aber das scheint ja der Trug­schluss zu sein. Ich muss auch etwas auf­passen, dass ich nicht ein­fach glaube, dass es so ist und es über mein Erle­ben drüber lege. Das mit dem Fokus fand ich auch inte­res­sant, was du erwähn­test, z.B. wenn ich bewusst in den gan­zen Kör­per fühle, so wie Eckhart Tolle das emp­fiehlt … Wer ent­schei­det sich dann, den Kör­per jetzt wahr­zu­neh­men? Auch Erin­n­erun­gen? Der Wunsch, eine Übung zu machen? Wann rutscht der Fokus ins Unend­liche und wann aufs Spezielle?

Ich hatte nach dei­nem Video neu­lich echt erst­mals das Gefühl, dass es in mir ruhig gewor­den ist. Erst­ma­lig. Ever. Aber das setzt dann wie­der ganz neue Neu­r­osen in Gang. Teils große Ängste, teils kämpft dann meine Gedan­ken­welt mit dem Jetzt, im Sinne von: Bin ich noch im Jetzt, wenn ich denke? Zer­stört der Gedanke gerade das Jetzt? … so feine Nuan­cen, die mich ganz kirre machen können.

Wie erlebst du denn diesen Ent­schei­der? Woran merkst du, dass er da ist? Du schreibst: “Ich habe schon das Gefühl, dass ich z.B. aus­ge­sucht habe …” – Wie fühlt sich das an? Und du schreibst: “Ich hatte nach dei­nem Video neu­lich echt erst­mals das Gefühl, dass es in mir ruhig gewor­den ist.” Die Ruhe, die du da gefühlt hast ist das die Abwe­sen­heit vom Entscheider-Ich, ist also das Entscheider-Ich nur eine Unruhe, die sich aufs Leben und auf die Ent­schei­dungs­prozesse drauflegt?

Für mich war das Wegfallen der Ich-Illusion, als wären die Sinnes­ein­drücke, Gedan­ken usw. von einem Kleis­ter zusam­men­ge­hal­ten, der sich plötz­lich als nicht exis­tent erwies­en hat, und die Sin­nes­ein­drücke, Gedanken usw. wurden dann als frei schwebend erlebt. Es gibt keine Instanz, die sie zusa­mmen­ge­hal­ten hat, und das war auch nie nötig. Das nur als Bei­spiel. Denn wie du schreibst, geht es nicht darum, ein­fach zu glauben, dass es so ist, und das übers Erle­ben drüber zu legen – weder das Ich noch den Glau­ben an die Ich­losig­keit. Son­dern zu erle­ben, was du wirk­lich jetzt gerade erlebst. Also: Wie und wo fühlst du das, was du “Ich” nennst, und wie unter­schei­det sich die­ses Gefühl von ande­ren Gefüh­len wie z.B. Anspan­nung oder Angst oder Auf­re­gung? Oder ist das “Ich” etwas, das in den Gedan­ken vor­kommt, und der Kör­per rea­giert darauf mit Anspan­nung, einer bestimm­ten Hal­tung, einer Ein­stel­lung dem Leben “gegenüber”?

Zum Thema “Zer­stört der Gedanke gerade das Jetzt?”: Wann immer du schaust, ist Jetzt da, oder? Ob mit Gedan­ken oder ohne. Nur die Auf­merk­sam­keit kann durch Fan­ta­sien und Erin­ne­run­gen von die­ser Tat­sache abge­lenkt wer­den. Aber diese Fan­ta­sien und Erin­ne­run­gen sind etwas, das im Jetzt auf­taucht, ein Aspekt des Jetzt zusam­men mit allen momen­ta­nen Sin­nes­ein­drücken. Hier eine Emp­feh­lung: Stell die Frage: “Was ist Jetzt?” und schau. Alles, was da ist, ist Jetzt. Jetzt tau­chen Gedan­ken auf, Gefühle, Geräu­sche, Far­ben … und ist da ein Ich oder “nur” eine Offen­heit, in der sich alles zeigt?

Hi Dittmar, danke für deine Worte! Na ja, es fühlt sich für mich ganz kon­kret so an, als wäre ich es, der z.B. die Luft anhält. Oder wenn ich mei­nen Kör­per als Gan­zes spüre, gebe ich den Impuls dazu. Wer macht das? Die Ruhe, die ich fühlte, war wie eine Art Ur­grund. Von da aus stie­gen die Gedan­ken auf. Es war nicht mehr so, dass ich ver­suchte, die Gedan­ken zu beob­ach­ten, sondern da war die Stille und dann waren da Gedan­ken, aber das war egal. Leider kann ich das nicht bewusst erzeu­gen und es lässt wie­der nach. Ein Ich, das kon­kret meine Gedan­ken und Gefühle ver­netzt, finde ich auch nicht. Den­noch spüre ich das noch nicht bis ins Mark. Es ist viel­leicht auch eine Art Glaube.

“Luft anhalten” ist ein gutes Thema. Wer ist es, der dann ent­schei­det, doch wie­der zu atmen?
Ja, die Ruhe / Stille ist der Urgrund, aus dem Gedan­ken und alles “andere” auf­steigt. Sie ist nichts, das her­bei­ge­führt werden kann oder muss, sondern ist schon da. Immer jetzt.
Techniken wie Chakren-Arbeit oder Micro­cos­mic Orbit haben mit Her­bei­füh­ren zu tun, die Ener­gie len­ken usw. Das ist etwas ande­res als Schauen, was Jetzt ist. Her­bei­füh­ren / Anschie­ben / Methode usw. kann den Glau­ben ver­stär­ken, dass jemand da ist, der etwas her­bei­füh­ren kann (z.B. Luft­an­hal­te­re­kord), und der dann ver­sagt oder über­for­dert ist und vom Leben über­wäl­tigt wird (z.B. wenn der Atem sich durchsetzt).

Lieber Dittmar, war das bei dir denn eine län­gere Phase oder war das plötz­lich klar mit der Ich­losig­keit? Also die tiefe Über­zeu­gung der Ic­h­losigkeit?
Ich nehme mitt­ler­weile sehr gut wahr, dass da kein Kle­ber ist … nur Gedan­ken, Gefühle und hin und wie­der Stille. Wenn ich frage: “Was ist jetzt?”, dann ist da für eine Weile Stille und dann Atmen. Aber dass ich 100% über­zeugt bin und es bis in die Tiefe fühle oder da pures Glück ist oder so … das ist da nicht.

Ist diese Ich­losig­keit eigent­lich das, was Buddha Befrei­ung nannte, oder geht’s “danach” noch wei­ter? Ich erin­nere mich daran, dass die Tao­isten sagen, dass mit der Gedan­ken­stille das Myste­rium gerade mal anfängt. 

Wg. Entscheiden, Luftanhalten usw.: Das lässt sich immer beschrei­ben als Impuls, der umge­setzt wird. Als Idee / Infor­ma­tion, die ver­wirk­licht wird. Wenn du meinst, dass du da als Ent­schei­der dazwi­schen­ge­schal­tet bist, dann ist das doch prima! Dann geht es doch “nur” noch darum, gute Ent­schei­dun­gen zu tref­fen. (Aller­dings könnte als Neben­wir­kung das – latente oder deutliche – Gefühl von Über­for­de­rung auf­kom­men.) Dann kannst du ent­schei­den, die Auf­merk­sam­keit auf die gegen­wär­ti­gen Kör­per­emp­fin­dun­gen zu len­ken. (Ent­schei­dest du dann auch, dich wie­der davon abzu­lenken?)
Solltest du nicht der Entschei­der sein, dann ist das ein Lern­pro­zess, wo die Auf­merk­sam­keit sich immer wieder den Kör­per­emp­fin­dun­gen zuwen­det (aus­ge­löst z.B. durch eine Erin­ne­rung) und der Orga­nis­mus sich dabei ent­spannt, was den Pro­zess bekräf­tigt und “posi­tiv verstärkt”.

Zu “Wie war’s bei dir?”: Ich bin ja kein Vor­bild, son­dern das ist jetzt nur eine von vie­len mög­li­chen Beschrei­bun­gen; also so war’s bei mir: Ich habe sehr inten­sive, unglaub­lich beglü­ckende Erleb­nisse gehabt, die sich wie Auf­wachen anf­ühl­ten und es auch waren. Wenn die Ekstase abklang, schien mir, als hätte ich etwas falsch gemacht und wäre des­halb wieder aus dem Para­dies gefal­len. Ich kannte keine Beschrei­bung von Ich­losig­keit und habe das Auf­wa­chen mit einem Zustand gleich­gesetzt.
Das Verstehen von Ich­losig­keit als Wirk­lich­keit, in der Zustände kom­men und gehen, kam erst spä­ter. Auch mit gro­ßer Freude, aber irgend­wie unauf­ge­regter, dafür als dauer­hafte Klarheit.
Wenn ich das verall­ge­meinern soll, dann sage ich: Ohne pures Glück würde ich mich nicht zufrie­den geben. Gleich­zei­tig ist das Anne­hmen der Gegen­wart pures Glück.

Das Mysterium endet nicht, so wie eine Liebes­bezie­hung erst anfängt, wenn du die Liebste ken­nen lernst. Aber wenn du sie “fin­dest”, dann ist das ein­deu­tig und abso­lut klar und zweifellos.

Ich habe jahre­lang meine Auf­merk­sam­keit auf bestimmte Kör­per­teile gelenkt, im Qigong oder als Erdungs­übun­gen, ins Hara oder ins dritte Auge, oder Body­scan … Außer einem guten Kör­per­ge­fühl hat das nicht viel bewirkt. Letzt­lich scheint sich aber eine Art stil­ler Raum in mir geöff­net zu haben seit deinem Video und einem Buch, was ich gerade lese. Wür­dest du empfeh­len, bewusst immer wie­der in diesen stil­len Raum ein­zu­tau­chen und die Gedan­ken, die noch kom­men, zie­hen zu lassen? 

Ja, das Eintauchen in die Stille würde ich sehr emp­fehlen. Ich glaube, dass Andacht heil­sam ist.

Wenn ich den Advaita-Gedan­ken betrachte, werde ich immer etwas abso­lu­tis­tisch … Also im Prin­zip ist ja die Idee, sich so anzu­neh­men wie man ist. Wenn ich jetzt meine Schmer­zen nicht so akzep­tiere wie sie sind und sie weg mas­siere oder Übun­gen dage­gen mache, nehme ich sie nicht mehr wirk­lich an, oder?

Zu diesem “in Stille eintauchen” … Sind in deiner Stille auch Gedan­ken und was machst du dann, wenn die auf­tau­chen? Ich habe sehr oft auch fast schon zwang­haf­tes Den­ken, wo ich nicht ein­fach so raus­komme. Und seit ich jetzt immer mal so Stille habe, weiß ich nicht so recht, wie ich da eigent­lich hin­komme. Sie ist manch­mal ein­fach da, aber in der Regel eher nicht. Und wenn Gedan­ken wirk­lich keine Ich-Grund­lage haben und von selbst kommen, kann man ja bewusst auch nicht wirk­lich aus­steigen, weil man ja auch nicht bewusst selber denkt …

“Sich annehmen wie man ist”: Wenn du Hun­ger hast, lässt du den Hun­ger, wie er ist, oder tust du etwas für ihn, d.h. erlaubst du dem dahin­ter lie­gen­den Bedürf­nis, sich zu erfül­len, und isst etwas?
Wenn du mit einem wei­nen­den Kind zu tun hast, dann nimmst du es (im Ideal­fall) an, wie es gerade ist, d.h. du ver­suchst nicht, das Wei­nen “abzu­stellen”. Aber du ve­rsuchst, sein Bedürf­nis zu erken­nen und zu erfül­len, weil du willst, dass es dem Kind gut geht. Wenn du das tust, meinst du dann, dass du das Kind nicht akzeptierst?
Klar, die Akzep­tanz ist wich­tig, statt “Solange du so bist, akzep­tiere ich dich nicht.” Aber zur Akzep­tanz gehört auch die Akzep­tanz des Bedürf­nis­ses, des Hil­fe­rufs. Du tust etwas “für”, nicht “gegen”. Akti­v­ität ist Teil des Lebens und nicht schlech­ter oder unna­tür­li­cher als Passivität.

Wg. Stille: Ja, bei mir tau­chen auch immer wie­der Gedan­ken auf. Der Treib­stoff für Gedan­ken ist Inte­resse. Inte­resse ent­schei­det, ob sie sich mal kurz vo­rstel­len / anbie­ten oder ob sie wei­ter­lau­fen, ver­folgt wer­den. Meis­tens erschei­nen mir die Gedan­ken­in­halte nicht so inte­res­sant wie die Gegen­wart, des­halb zie­hen sie recht zügig vorüber.
Das Interesse an Gedan­ken­in­hal­ten besteht darin, was die Gedan­ken ver­spre­chen: dass sie hilf­reich und wich­tig sind. Bei genau­e­rer Betrach­tung sind sie das oft nicht, so jeden­falls meine Erfah­rung. 🙂 Dahinter ist immer die Stille, die sie wahr­nimmt. Nur die Auf­merk­sam­keit wen­det sich manch­mal so sehr den Gedan­ken­in­hal­ten zu, dass die Stille über­hört wird.

Das mit den Gedanken und der Stille hilft “mir”. Danke! Das ist ein guter Umgang, den ich mal beob­ach­ten muss. Ich fühle diese Stille im Hin­ter­grund auch, nur wird sie extrem durch Gedan­ken­lärm über­schat­tet und es macht mich pha­sen­weise fast ver­rückt, weil ich da wie­der hin will – aber das so nicht funktioniert.
Ich muss mich teil­wei­se förm­lich zwin­gen auf­zu­hö­ren zu den­ken, weil es echt schwer ist, da raus zu kom­men, und ich finde den Inhalt nicht wirk­lich span­nend. Auch beob­achte ich oft, dass meine Atmung zwang­haft wird, weil im Atem­an­ha­lten mehr Stille ist als beim regel­mä­ßi­gen Atmen. Also der Tun-Aspekt scheint da noch groß mit rein­zu­spielen.

Glaubst du eigent­lich, dass man durch diese Advaita-Art zu leben nicht auch sehr lethar­gisch werden kann? Ich habe das frü­her, als ich mich erst­mals damit befasst habe, an mir gemerkt, dass mir alles egal gewor­den ist, weil man ja “eh nix tun kann”…

Ob Advaita lethargisch macht? “Ich würde das gerne beant­wor­ten, aber da ist niemand, der ant­wor­ten könnte.” 😄

Oft wird in der (Neo-)Advaita-Theorie die Illu­sion, dass da jemand ist, der etwas tun kann, ersetzt durch die Illu­sion, dass da jemand ist, der nichts tun kann. Die Erkennt­nis ist aber, dass dieser Jemand schon immer nur in Gedan­ken exis­tiert hat und die Gedan­ken ihm die Ent­schei­der- und Macher-Rolle zuge­schrie­ben haben.
In Wirklichkeit ist es der Gesamt­pro­zess des Lebens, in dem Ent­schei­dun­gen fallen und Dinge getan werden; das war schon immer so.

Diese letztliche Erkenntnis, dass das Ich echt nicht exis­tiert, kommt die durch wiede­rholte Erfah­rung, dass da nur Gedan­ken und Wahr­neh­mun­gen sind, oder wodurch hat die sich so gefes­tigt bei “dir”?

Die Erkenntnis hat zu tun mit Sehn­sucht, Heim­weh, Liebe, mit Ver­trauen und mit Los­la­ssen von allem: allen Plä­nen, Kon­zep­ten, Bedin­gu­ngen, Erwar­tun­gen … Wie das geht oder wie das kommt, weiß ich auch nicht. Sehen, dass alles Bis­he­rige nicht funk­tio­niert hat, hilft, glaube ich. Aber ich habe kein Rezept dafür.

Da ist etwas, das ruft und gehört wird, wenn die “eige­nen” Vor­stel­lun­gen nicht höher geach­tet werden als der Ruf. Wenn das Ver­trauen nicht mehr dem Den­ken, son­dern dem Moment gilt.

Ich würde es auch nicht “gefes­tigte” Erkennt­nis nen­nen, son­dern das Lösen von allen fes­ten Vor­stel­lun­gen. Es klingt nur dann wie eine Phi­lo­so­phie, wenn es in Worte gefasst wird. Aber es kann nicht her­bei gedacht wer­den. Das Den­ken kann viel­leicht biss­chen vor­be­rei­ten, aber ab da ist es nur eine Ablenkung.

Und in deinen Gedan­ken, die auf­tau­chen, ist da noch das Wort „Ich“ dabei? Wenn da immer wie­der Gedan­ken auf­tau­chen mit dem “ich” drin und es jedes Mal kein Ich gibt, ist das ja eine Art Kon­flikt in Gedanken …

Nein, da ist kein Konflikt. Wenn ich schreibe “Ich schreibe dir” ist da auch kein Kon­flikt, sondern es ist nur wie alle Beschrei­bun­gen unzu­rei­chend. Genauso ist es auch bei Gedan­ken: Gemeint ist der Orga­nis­mus, durch den (oder als der) es geschieht, Schrei­ben und Den­ken und Lesen … “Ich” ist halt eine Redensart.

Also könnte man zusammen­fas­send sagen, dass du “nur” das Gewahr­sein hin­ter allem bist, und das ständig? …

Ich hatte neu­lich für Momente ein tie­fe­res Gefühl davon, was Ich­losig­keit bedeu­tet, und dass das Ich nir­gends hin kann, wo es nicht schon ist. Also dass in dem Moment, wo ich Stille will, eigent­lich nie­mand da ist, der Stille will, son­dern nur der Gedanke, mit dem man iden­ti­fi­ziert ist, als könnte man in die Stille gehen. Dann war ich irgend­wie vor den Gedanken.
Allerdings: Immer wenn jetzt das Wort „Ich“ in meinen Gedan­ken auf­taucht, bin ich schnell wie­der in der Identi­fi­kation drin …

Ja, das stille Gewahrsein hinter und in allem und als alles. Das Gewahr­sein, das du bist, kann sehen, wie Iden­ti­fi­kat­ion geschieht: Ein Gedanke, durch den die Welt gefärbt wird und das Wun­der der Gegen­wart verblasst.

Also für mein Ich fühlt sich der ganze Pro­zess pha­sen­weise sehr ver­stö­rend an, so ohne Beglei­tung … und ich frag mich manch­mal, was eigent­lich grad abgeht, ob da über­haupt etwas geschieht, ob das alles so rich­tig läuft oder ich mich in irgend­was verrenne.

Im Prinzip hab ich im Moment das Gefühl, vor mei­nen Gedan­ken zu sein. Jeder Gedanke wird erkannt und auch Ich-Gedan­ken wer­den als Gedan­ken erkannt. Pha­sen­weise habe ich aber auch Gedan­ken­rasen, was sich dann oft echt unan­ge­nehm anfühlt. Aber die Rea­li­tät erscheint durch den gan­zen Pro­zess kom­plett ver­än­dert, ein wenig wie auf Drogen; die Wahr­neh­mung von Din­gen ist so inten­siv! Die Bewusst­heit von bestimm­ten Din­gen wie Atmung bricht kaum noch ab.
Aber im Grunde feh­len ein wenig die Weg­wei­ser, was eigent­lich getan wer­den sollte und was nicht. Also z.B. sollte man im All­tag ver­su­chen, in der Gedan­ken­stille zu ver­wei­len? Oder ist Stille auch nicht bes­ser als Gedan­ken? Ist die Stille schon das Ziel? Oder ist die­ses “vor den Gedan­ken sein” oder diese Wahr­neh­mung von allem das Ziel? Oder ist der Beob­ach­ter auch nur eine Illusion?

Spricht etwas dagegen, dir Beglei­tung zu suchen?

Eine Schwierigkeit mit dem “Sollte man …?” und dem “Ist X bes­ser?” und dem “Was ist das Ziel?” ist: Du fragst jeman­den und bekommst eine Ant­wort. Dann fragst du jemand ande­ren und bekommst eine andere Ant­wort, und dann bist du so schlau wie vor­her, weil alle Ant­wor­ten für dich wieder nur Gedan­ken und Meinun­gen sind.
Deshalb empfehle ich dir, statt “Exper­ten” dein Erleben als Refe­renz zu benut­zen. Und zum Bei­spiel zu untersuchen:

* Ist Stille besser als Gedan­ken? Wenn ja, was ist bes­ser daran?

* Wenn die Aufmerksamkeit die Erlaub­nis hat, hin­zu­ge­hen wo immer sie hin­ge­hen mag, wo mag sie dann hin?

* Was ist, wenn es gar nichts gibt, was getan werden “sollte”, und alles, was getan werden sollte, sich nur in der Illu­sion abspielt?

* Was, wenn das Gefühl von “Es fehlt etwas” oder “Es ist etwas zu viel” nur die Folge von die­sem “Sollte”-Gedanken ist? Wie ist das Erle­ben, wenn es nicht durch ein “Sollte” beur­teilt wird?

* Was würdest du tun, wenn dein Ziel wäre, zu Gott zu kommen?

Naja, prinzipiell spricht nix gegen eine Beglei­tung, außer die Schwie­rig­keit, eine zu fin­den. Hier vor der Haus­tür gibt’s nie­man­den. Ansons­ten hab ich bis­her nur die übli­chen Neo Advaita Sat­sang Events aus­fin­dig machen kön­nen, die mich nicht beso­nders anzie­hen. Das ganze ist also nicht so ein­fach. Wie hast du das denn gemacht?

Das mit dem selber Unter­su­chen ist natür­lich der bes­sere Weg, jedoch nicht bei allen Fra­gen so ein­fach zielführend.

Um mal Punkt 1 anzu­spr­echen: * “Ist Stille bes­ser als Gedan­ken? Wenn ja, was ist bes­ser daran?” Ich habe jetzt mal eine Woche das Gewahr­sein unter­sucht und prak­tisch den gan­zen Tag Gewahr­sein geübt. Hier­bei wird prak­tisch jeder Gedanke als Gedanke erkannt und jede Empfin­dung oder Gefühl taucht halt auf und wird wahr­ge­nom­men, ohne dass ich mich oft iden­ti­fi­ziere und wie­der in Gedan­ken ver­liere. Trotz­dem sind viele Gedan­ken da.

Bei der Entscheidungs­frage, wel­cher der bei­den “Wege” eher ziel­füh­rend ist, ste­hen eben auf der einen Seite die­ses Gewahr­sein und auf der ande­ren Seite dieses “bewusste in die Stille gehen” zur Debatte. Wenn du also fragst: “Ist Stille bes­ser als Gedan­ken?” – nach meinem nun jahr­zehn­tel­ang plap­pern­den Mind ist die Ant­wort deutl­ich: Ja, Gedan­ken­stille gefällt mir bes­ser. Es ist mir ja in mei­ner Lern­phase neul­ich erst­mals klar gewor­den, dass da eben auch Stille ist, die die­sen gan­zen Pro­zess wie­der ent­facht hat. Es fühlt sich mitt­ler­weile so an, als könnte ich bewusst eine Sekun­den anhal­tende Stille erzeugen, die sich gut anfühlt, die meine Kopf­schme­rzen ver­bes­sert, von der ich aber eben nicht weiß, ob’s das schon ist. Im Prin­zip kul­mi­niert die Frage in diesem Text:

(Ramana Maharshi: ALLE GEDANKEN ZERSTÖREN, ein für alle Mal, aus „Sei, was du bist!“)
Wenn Vernich­tung von Gedan­ken Befrei­ung ist, kann man dann sagen, dass er Erlö­sung erreicht hat? In Manolaya gibt es eine vorüber­ge­hende Absen­kung der Gedan­ken-Wellen, und obwohl diese vorüber­ge­hende Peri­ode sogar für tau­send Jahre andau­ern kann, stei­gen Gedank­en, die dadurch vorüber­ge­hend beruhigt wer­den, auf, sobald die Manolaya auf­hört. Man darf sich nicht durch sol­che Zau­ber von Stille der Gedan­ken einho­len las­sen. In dem Moment, da man sie erfährt, muss man das Bewusst­sein wie­der­be­le­ben und sich fra­gen, wer ist es, der diese Stille erfährt. Wäh­rend man den Gedan­ken nicht gestat­tet zu stö­ren, darf man zur glei­chen Zeit nicht von die­sem tie­fen Schlaf [Yoga Nidra] oder einer Selbst-Hypnose ein­ge­holt wer­den. Obwohl dies ein Zei­chen des Fort­schritts in Rich­tung Ziel ist, ist es aber auch der Punkt, an dem die Abwei­chung zwischen dem Weg zur Befrei­ung und Yoga Nidra erfolgt.
Der ein­f­ache Weg, der direkte Weg, DIE ABKÜRZUNG zur Erlö­sung ist die Erkun­dungs-Methode. Durch eine solche Erkun­dung wirst du die Gedan­ke­nkraft tie­fer steu­ern, bis sie ihre Quelle erreicht hat und darin auf­geht. Dann wirst du die Ant­wort von Innen haben und fest­stel­len, dass du dort ruhst, ALLE GEDAN­KEN ZERS­TÖRST, ein für alle Mal. Man muss also den spi­ri­tu­el­len Fort­schritt genau beob­ach­ten. Sadha­kas [Suchende] ver­ste­hen sel­ten den Unter­schied zwi­schen die­ser vorüber­ge­hen­den Beru­hi­gung des Geis­tes [Manolaya] und dauer­haf­ter Zer­stö­rung von Gedan­ken [Manonasa].

Frage ich in dieser Art von Stille: Wer ist es, der diese Stille empfin­det? … erscheint das auch nur als Satz im Gewahr­sein, mehr pas­siert dann aber nicht. Übe ich die ganze Woche rei­nes Gewahr­sein, eröff­net sich da keine tie­fere Stille oder Frieden.

Im Prinzip frage ich mich halt: Was ist die echte und was ist die fal­sche Stille? Angeb­lich ist die Iden­ti­fi­ka­tion mit dem Gewahr­sein oder dem Beob­ach­ter ja der Urgrund und tiefe Stille. Ich ver­stehe nur nicht, wie sich diese Stille unter­schei­den soll von der Stille, die ich da erfahre. Schein­bar gibt es ja in mei­ner Stille noch eine Art Ich, wel­ches in die Stille geht.

Eine weitere Sache, die mir auf­fällt: Wenn ich in die Stille gehe und lächle, dann erscheint in meinem Feld so etwas wie Frieden (ich habe früher sehr lange diese Medi­ta­tion des inne­ren Lächelns geübt, sodass ich mich hier frage, ob ich dann nicht irgend­was gene­riere, statt das zu fin­den, was wirkl­ich da ist). Ist dies der Frie­den, um den es geht? Wodurch kommt deiner Mei­nung nach der Frieden?

Genau solche Empfeh­lun­gen ande­rer Leute meine ich. Jeder sagt dir etwas ande­res, das du tun oder las­sen sollst, Stille erzeu­gen oder Gedan­ken zer­stö­ren … Für mich jeden­falls wäre der Ramana-Text völ­lig irre­füh­rend gewe­sen. “Man muss, man darf nicht …” All dieses Machen baut auf die Illu­sion des Machers; alle Wege bauen auf die Illus­ion von “woan­ders, später”.

Ich kann nur für mich spre­chen. Aus­schlag­ge­bend für mich war das Auf­ge­ben des Machens, jedes Plans und des Beur­tei­lens von Fort­schrit­ten anhand eines Plans. “Ja, aber wie macht man das, das Machen auf­ge­ben?” Es ist wie ein Koan – außer, wenn man es als Koan “benutzt”. Da ist die Wirk­lich­keit, die dich nimmt, wenn du sie lässt. Sie ist mag­ne­tisch, und sie zieht dich in sich, wenn du nichts machen und nichts sein willst. Sage ich – einer dieser Leute, die so vieles sagen …

Dank dir. Die Fra­gen sind halt nur inso­fern rele­vant, dass dieses In die Stille Gehen zumin­dest erst­mals meine Kopf­schmer­zen echt ver­be­ssert, und das ist schon mal ziem­lich cool. Lei­der kann ich es durch Aus­tes­ten aber nicht so rich­tig ergrün­den oder raus­fin­den, was es genau ist, was ich da eigent­lich tue, wenn ich in die Stille gehe. Daher blei­ben die Fragen irgend­wie relevant.

Was denkst du zu der Thema­tik mit dem inne­ren Lächeln und der Auf­merk­sam­keit? Also gibt es in diesem “Ich bin” denn Kör­per­bewusstsein?
Ich habe früher so viele Körper­spür­übun­gen gemacht, dass mein Kör­per immer sehr präsent ist in meiner Wahr­neh­mung. Wenn ich also meine Auf­merk­sam­keit auf den Bauch lenke, oder in den Bauch, und meinen Atem wahr­nehme, ist das am Ende auch nur ein Gedanke, der fest­ge­hal­ten wird? Ein schein­ba­res, vor­ges­tell­tes Ich, wel­ches glaubt, seinen Fokus in den Bauch zu lenken?
Letztlich macht dieses im Bauch Zen­tri­eren es auch ein­fa­cher, in die Stille zu kom­men. Nur die Frage ist, inwie­fern das nicht wieder ein Konzept ist …

Lass uns mal von einer Prä­misse ausge­hen: Das getrennte “Ich” ist nur eine Abstrak­tion, ein sozi­ales Kon­strukt. Da ist nie­mand, der etwas tut. Egal ob an ein “Ich” geglaubt wird oder nicht, es ist nicht die Ich-Illusion, die etwas tut. Son­dern da ist ein Fluss von Ener­gien = Infor­ma­tio­nen. Zum Bei­spiel der Gedanke / Impuls: “Fokus in den Bauch!”, gefolgt von einem Gefühl von Zen­tri­erung im Dan­tien und dem Empfin­den von Ruhe und Stille. Wenn sich das gut und ent­span­nend anfühlt, warum sollte das nicht gesche­hen? Das­selbe gilt fürs Innere Lächeln.

Natürlich gibt es im “Ich bin” (oder “Es ist” oder in der Prä­senz oder im Erle­ben) Empfin­dun­gen = Körper­be­wusst­sein. Es gibt nichts, das da fehl am Platz wäre oder nicht rein­pas­sen würde. Und wenn selbst die Stille nicht “auf­recht erhal­ten”, sond­ern los­ge­las­sen wird und sich in ihr alles zei­gen darf, wenn Du nur Offen­heit bist, in der alles erscheint (was Du bist!), dann kommt dieser Mag­ne­tis­mus ins Spiel, von dem ich letz­tes Mal geschrie­ben habe. Es ist eher, dass Du gefun­den wirst, als dass Du findest. (Das trifft es aber auch nicht annä­hernd.) Es ist wie Ver­lieben: Du führst es nicht herbei, son­dern Es erwischt Dich. Und dann ist es ganz ein­deutig und zweifellos.

Die Frage, die du stellst (wenn ich sie rich­tig ver­stehe), lau­tet: Ist es sinn­voll, für gute Start­be­din­gun­gen zu sor­gen (Medi­tat­ion, Auf­merk­sam­keit len­ken …), oder stärkt das eher das Gefühl, der Macher zu sein, und ver­fälscht das “reine For­schen”? Das Experi­ment, das ich dir empfehle, um diese Frage zu beant­wor­ten, ist: Erfor­sche, wie das abläuft, den Fokus in den Bauch zu “len­ken” oder in die Stille zu “gehen”. Ist da wirk­lich ein “Ich” betei­ligt, das lenkt und wohin geht, oder ist es eher so wie ich es ein­gangs beschrie­ben habe: Im Fluss der Infor­ma­tio­nen kommt ein (z.B. gedank­licher) Impuls und auf wunder­same Weise ver­lagert sich die Auf­merk­sam­keit auf Bauch und / oder Stille oder ein Lächeln wird spürbar …

Lieber Dittmar, also gibt es nicht so einen Ort, wo die Auf­merk­sam­keit opti­maler­weise sein sollte? Wohin sie zurück­kehrt, wenn erkannt wird, dass man sich wieder mal in Gedan­ken ver­loren hat? Wenn sie z.B. wieder auf die Atem­be­weg­ung zurück­fällt, ist das ja eher eine Kon­zen­tra­tion und nicht reine Offenheit.

Du sagtest mal in einem Inter­view, dass es eine Weite ist, eine Art Raum. Ist das meta­pho­risch oder ist das ein ganz real exis­tie­ren­der wei­ter Raum? Oder ist der Raum auch schon wie­der ein Objekt?

Eine Sache, auf die ich durch das “in Stille gehen” immer wieder treffe und die mich etwas “belas­tet”, ist diese Qi-/Kunda­lini-Geschichte. Vermut­lich war mein Ver­ständ­nis davon immer etwas “falsch”, sodass mir dieses Gedan­ken-Wahrnehmungs­ge­bäude mitt­ler­weile eher wie ein Fluch vor­kommt. Also so wie ich frü­her immer die­sen klei­nen Ener­giek­reis­lauf geübt und ver­stan­den hatte, sammelt man im Dant­ien Qi, bis es dann auf­steigt in der Wir­bel­säule oder bis man es von Punkt zu Punkt lei­tet. Am Ende sollte man es unbe­dingt wieder im Dan­tien sammeln, weil sonst die Gefahr bestehe, dass es sich im Kopf sam­melt und dort Scha­den anrich­tet. Das hat sich in mir fest­ge­setzt, ich bin beim nach innen Gehen an dem Punkt, wo mein Qi einfach immer die Wir­bel­säule von alleine in den Kopf fließt; ein per­ma­nen­tes autar­kes unkon­trol­lier­ba­res Strömen.
Da ich mich von diesen gan­zen Übungen verab­schie­det habe, sammle ich nix mehr im Dan­tien. Ich fühle mich aber fast immer nach Medi­tat­io­nen in einem ande­ren Bewusst­seins­zus­tand etwas dizzy oder als ob die Welt unecht wäre … und das führt immer wieder zum Hin­ter­fra­gen, ob mir diese Qi-Geschichte nicht gescha­det hat und ich da Kanäle akti­viert habe, die ich nun nicht mehr kon­trol­lie­ren kann usw.

Glaubst du, dass man sich mit der­ar­ti­gen Übun­gen scha­det, oder glaubst du, ich hab mich da eher in einem Gedan­ken­karus­sell ver­loren? Vielen Dank für deine klaren Antworten! Ich finde sie sehr hilfreich.

Der hilfreich­ste “Ort” für Auf­merk­sam­keit ist zu sehen, wohin sie geht und wie sie dabei ist: weit, kon­zen­triert, lie­be­voll, neu­gie­rig, besorgt, dösig …?

Ja, Offenheit ist wie ein Raum, in dem alles Platz hat und zuhause ist. Fürs Den­ken ist das eine Meta­pher, weil das Den­ken sich immer nur an Objekte hal­ten kann. Fürs Erle­ben ist es die eine Prä­senz in allem, als alles …
Also nicht nur Raum drum­he­rum, sondern auch darin und nichts sonst. Es gibt nichts ande­res = Non­dua­li­tät. Das “Pro­blem” ist nicht die Kanal-Akti­vie­rung oder -Kontrolle, son­dern der Glaube, der Akti­vie­rer / Kon­trol­leur zu sein. Der Glaube, das Rich­tige tun zu müs­sen oder zu kön­nen. Das ist eine Bürde, die nicht dadurch abge­legt wird, dass du das Rich­tige tust oder weißt. Son­dern die von selbst abfällt, wenn du dich dem Nicht­wissen ergibst.

Eine Sache, die sich nicht so rich­tig erschließt (auch wenn diese ver­mut­lich auch wie­der damit beant­wor­tet wer­den wird, dass es eben ein­fach nie­man­den gibt) ist, ob dann jetzt beim still Sit­zen ein­fach die Atmung beob­ach­tet wer­den “sollte”, der Kör­per beim Sit­zen gespürt wird, die Hal­tung wahr­genomm­en wird.
Und die Atmung z.B. ist ja immer da, könnte also immer wahr­ge­nom­men wer­den, oder ist das dann schon Kon­zen­tra­tion? Letzt­lich also: “Sollte” im Moment, im Hier und Jetzt, gespürt wer­den, oder geht es mehr um die Frage, wer das ganze nun erfährt und wahrnimmt?

Mir ist nicht klar, wie das gehen soll, das Gewahr­sein zu sein, und auch der Hin­weis, dass ich es schon bin, hilft da nicht viel. Diese Spal­tung sorgt in meinem Dasit­zen oft für Uneinig­keit, was ich nun “tun” sollte.

Und zu dieser Weite und dem Raum: Kann man denn bewusst erspü­ren, wie man über die Gren­zen seines Körpers hinaus exis­tiert? Eine Art Erfüh­len der Aura … Oder ist das auch schon zu viel Visu­ali­sation und Tun?

Sei da, ohne zu wis­sen, was zu tun ist. Alles was du erspürst ist wieder nur etwas, das du erspürst. Sei da, ohne zu wissen, was zu tun ist. Alles darf so sein wie es jetzt gerade ist, alles darf sich zei­gen oder nicht zeigen.
Der “Sollte”-Mechanis­mus macht daraus ein “Aha, ich sollte erlau­ben!” – Auch das darf so sein und kann gese­hen wer­den. Da ist nichts, das du her­beifüh­ren oder los­wer­den müss­test. Keine Erscheinung ist wich­ti­ger als jede andere.
Du brauchst die Auf­merk­sam­keit auf nichts zu rich­ten, weder auf den Kör­per / die Atmung noch auf den Raum noch auf die Frage “Was tun?” noch auf den schein­ba­ren Wahrnehmer.

Du kannst ein­fach sehen, wohin die Auf­merk­sam­keit geht. Sei da ohne zu wis­sen, was zu tun ist. Es geschieht alles von selbst, und das wird klar, wenn du auf­hörst, etwas zu ver­su­chen. Wenn du kannst, lass das Ver­su­chen los. Wenn du das nicht kannst, sieh das Ver­su­chen, wie es von selbst geschieht: eine Erschei­nung, eine Ener­gie im Bewusst­sein. Sei da, ohne zu wissen, was zu tun ist.

Aber ohne die Auf­merk­sam­keit auf die Atmung zu len­ken fällt sie eigent­lich immer auf die Gedan­ken und ver­wickelt sich in Selbst­gespräche.
Übrigens, diese Prä­misse, dass es kein Ich gibt: Kann das nicht zu einem neuen Glau­bens­satz des Ver­stan­des mutie­ren? Oder ist das ein Glau­bens­satz, der ok ist, weil er wahr ist?

Der Nachteil beim Len­ken der Auf­merk­sam­keit scheint mir, dass sie fest­ge­hal­ten wer­den muss. Und die Illu­sion des Len­kers auf­recht erhal­ten wird. Glau­bens­sätze sind nur Gedan­ken, egal ob “Da ist kein Ich” oder “Ich bin der Len­ker”. Sie sind kein Ersatz für dire­ktes Erleben.

Ok, aber wenn man offen für alles ist und sich dann in Gedan­ken ver­liert, ist das “bes­ser”? Du hat­test ja gesagt, dass wir von der Prä­misse aus­ge­hen … Ich würde das dann eher als eine Art Erin­ne­rung anse­hen. Es gibt schon Momente, wo ich sehe: Da ist kein Ich; und dann gibt’s wie­der Momente, wo ich es nicht mehr sehe …

Ja, die Erinnerung, dass da noch nie ein Ich zu fin­den war, oder der Gedanke “Das Ich ist eine Abstrak­tion, kein Wesen”, das kann hilf­reich sein, um neu zu schauen: “Was ist JETZT?” – In den Momen­ten, wo du die “Ich­losig­keit” nicht siehst, was siehst du dann?

Gedan­ken und Selbst­ge­sprä­che. Meist erkenne ich, dass es Gedan­ken sind, und dann igno­riere ich sie. Aber oft merke ich auch, wie ich mich in Gedan­ken verliere.

Ja, Gedanken und Selbst­ge­sprä­che, die so vor sich hin lau­fen, kein Ich.

Aber in Selbstgesprä­chen ver­lo­ren zu sein bedeu­tet ja, dass man nicht mehr im Moment ist und dass man wieder von einem Ich-Gedan­ken ausgeht. Wer sollte sonst die Selbst­gesprä­che führen?

Und wenn das Selbstgespräch bewusst wird, dann wird auch klar, dass das Ich nur in Gedan­ken exis­tiert. Und wenn bewusst wird, dass die Aufmerksamkeit in Gedanken stagniert, dann ist sie in der Gegenwart.

Wie ist es, wenn in dieser Offen­heit (wahr­schein­lich aus Gewohn­heit) die Auf­merk­sam­keit dann immer wieder zurück­fällt auf die Atem­be­ob­ach­tung? Ist das dann ein­fach voll­kom­men ok so?

Wenn ich die Atem­be­ob­ach­tung los­lasse, geschieht dann in etwa fol­gen­des, ununter­bro­chen: Atmung wird bewusst, dann fühle ich den Po auf dem Kis­sen, dann mal die Beine, dann den Qi-Fluss in der Wir­bel­säule, im Kopf, dann wied­er die Atmung, dann mal ein Gedanke mit dem Hin­ter­grund, dass da kein Ich ist, was das alles macht …

Geschieht das alles auto­ma­tisch, aus Erin­ne­run­gen: Die Auf­merk­sam­keit springt umher und das gilt es zu beob­ach­ten? Das ist dann “das Ziel”?? Es geht also letzt­lich ein­fach nur darum, im Hier und Jetzt zu erle­ben, was gerade statt­fin­det … die Fuß­sohle sinn­lich zu spü­ren, wenn man läuft, das Kauen beim Essen.

Die Frage “Wer bin ich?” zielt nur darauf ab, zu ent­de­cken: Da ist kein indi­v­idu­el­les Ich. Oder die Aus­sage “Sei was du bist!” deu­tet nicht darauf hin, etwas ande­res sein zu müs­sen als der reine Beob­ach­ter von allem was pas­siert, vom Sprin­gen der Auf­merk­sam­keit im Körper – ist das richtig?

Mich verwirrt dieser Wider­spruch zwi­schen einer­seits im Hier und Jetzt wahr­zu­neh­men, dass Kind­er vorm Fens­ter vor­bei­lauf­en und dem Hin­weis: “Sei was du bist”, da ja das Hören eben nicht das ist, was ich bin. Der Qi-Fluss im Kör­per oder das Füh­len der Sitz­beine ist ja eben nicht, was ich bin.

Manchmal beim so Sit­zen emp­finde ich schon eine Freude ohne Grund; oft ist es dann aber im Nach­hinein so, das dieses Dizzy­ness-Gefühl im All­tag auf­tritt, bis hin zu einer Art leich­tem Schwin­del­ge­fühl, aber das trifft es auch nicht richtig.

Also die Erkennt­nis „Ich kann nichts tun, weil es mich nicht gibt“, ist beim Dasit­zen sehr befrei­end, lässt aller­dings den Qi-Fluss los und erzeugt eben im All­tag trotz­dem dieses Dizzy­ness-Gefühl. Wie geht man dann damit um? Auch ein­fach zulas­sen und beobachten?


Vielen Dank für deine Hin­weise! Ich finde sie extrem hilf­reich in dem Dschun­gel an Infor­ma­tionen “da draußen”.

Wie ich schon erwähnt habe, bin ich kein Maß­stab und möchte nicht sagen “So wie ich es erlebe, ist das ein­zig Wahre.” Hier also ein­fach nur eine Beschrei­bung des Erle­bens, kein Soll.

Was ich (anders als früher) erlebe, ist: Da ist die­ses liebe­volle und geliebte Bewusst­sein(sfeld). Die intel­li­gente Offen­heit, in der sich alle Erschei­nun­gen zei­gen und die sich als alle Erschei­nun­gen zeigt: als Atmung, die in den Vor­der­grund kommt, dann als ein ande­res Gefühl, als die Geräu­sche und Stim­men vor dem Fens­ter und als Fens­ter, als Bewusst­heit darü­ber, wie die Auf­merk­sam­keit sich in die­sem Bewusst­seins­feld bewegt, als Glück, das Eins­sein in diesem Fluss der Erschei­nungen zu erle­ben und zu sein.

Dazu muss keine Erschei­nung aus dem Fluss ver­schwin­den (für “rei­nes Bewusst­sein” oder so). Die­ses Bewusst­sein ist Hier und Jetzt und ist nicht getrennt, son­dern eins mit allem, was gerade im Bewusst­sein auftaucht.

Jede Erscheinung ist beseelt vom sel­ben Einen. Diese Erkennt­nis lässt sich nicht her­bei­füh­ren (ich wüsste nicht, wie); sie kommt von selbst, es fühlt sich an wie ein Geschenk, das immer neu und immer da ist. Die Leben­dig­keit des Augenblicks.

Das Erleben, auch das momen­tane Hören, Füh­len usw. ist Aus­druck die­ser Leben­dig­keit, dieses leben­di­gen Ener­gieflusses.

Die Aufm­erk­sam­keit muss sich von kei­nem Aspekt weg­be­weg­en; das wäre wie die Auf­for­de­rung: “Achte nicht auf die Blätt­er, son­dern auf den Baum. Achte nicht auf die Äste, den Stamm, die Wu­rzeln … son­dern auf den Baum.”

All das IST der Baum. Die Erschei­nun­gen SIND das Erle­ben der Leben­dig­keit. Es ist nicht nur in bestimm­ten Erschei­nun­gen zu fin­den, und es ist nicht in einer fik­ti­ven Abwesen­heit von Erschei­nun­gen zu finden. Es versteckt sich nicht, son­dern zeigt sich ganz natür­lich im Dasein und Nicht­wis­sen. Du kannst nicht vor­her wis­sen, was sich zeigt. Du kannst nur da sein, offen für die Offenheit.
Und wenn es sich zeigt, ist es ganz ein­deu­tig und klar und unmissverständlich.

Danke, das hast du sehr schön beschrieben!

Woher weiß man, dass es die Auf­merk­sam­keit ist, die wand­ert, und nicht die Gedan­ken, die in eine bestimmte Stelle hinein­füh­len? Wenn ich bewusst in den Bauch fühle und er krib­belt, ist es ja nicht die Auf­merk­sam­keit, die im Bauch krib­belt und danach kommt erst der Gedanke und denkt: “Aahh, jetzt fühle ich mal in den Bauch!”


Insofern ist das ganze etwas schwer zu dif­f­eren­zie­ren, v.a. beim chro­ni­schen Kopf­schmerz. Wenn der rich­tig stark ist, wan­dert die Auf­merk­sam­keit dort hin. Hier finde ich auch schwer nach­zu­voll­zie­hen, wie man darun­ter nicht mehr lei­det. Wenn ich erkenne, es gibt kein Ich das selbst­stän­dig denkt, ist trotz­dem noch das Gefühl da, unter den Dauer­schme­rzen zu leiden.


Und auch die Aufmerksamkeit machen zu las­sen, was sie will, ist schwer, weil die dann dort hän­gen bleibt, wäh­rend z.B. das in den Bauch Atmen und die Atmung Beobachten den Kopfschmerz eher verbes­sert.

Die reine Offenheit scheint zu bewir­ken, das das Sprin­gen der Auf­merk­sam­keit genauso stark ist wie meine Gedan­ken­ge­schwin­dig­keit und das Den­ken von einem Gedan­ken zum nächsten.
Hier sehe ich so einen Wider­spruch, wo du mal mein­test, es ist gut, was gegen die Schmer­zen zu tun, wenn man was hat, was hilft und dem “Erwa­chen” zu rei­ner Offen­heit und die Auf­merk­sam­keit machen las­sen, was sie will.

Ich würde nicht sagen, dass es gut ist, etwas “gegen” die Schmer­zen zu tun. Son­dern ich sage: Schmerz ist eine Bitte um lie­be­volle Auf­merk­samkeit.
Was immer du wahr­nimmst, ist Auf­merk­sam­keit als der bewegte Aspekt des Bewusst­seins. Ob Gedanken, Gefühle, Gerüche …
Es ist nicht nötig zu dif­fe­ren­zie­ren. Da ist ein­fach dieses Meer der Erschei­nun­gen, daran kann und muss niem­and etwas ändern. Das Bewusst­sein ruht im Meer der Erschei­nun­gen, die Auf­merk­sam­keit bewegt sich in ihm. Die Erschei­nun­gen spie­len ihr Spiel.

Wenn die Erscheinungen in Ruhe gelas­sen wer­den statt dass sie irgen­dwie zu “bes­se­ren” Erschei­nun­gen ver­än­dert wer­den sol­len, dann hört die Zer­split­te­rung / Tren­nung / Dif­fe­re­nzie­rung auf und das Bewusst­sein wird klar erkenn­bar als immer im Meer der Erschei­nun­gen ruhend, in der Ewig­keit der Gege­nwart.
Und auch der Impuls, die Gegen­wart zu len­ken und zu ver­bes­sern, kann als eine Erschei­nung in diesem Meer erlebt wer­den. Alle Erschei­nun­gen wer­den auf ein­mal als ein ein­zi­ges Gan­zes erkannt, als leben­dige Prä­senz, als Aus­druck des Absoluten.

Die schein­bare Zer­split­te­rung heilt durch die Leben­dig­keit des­sen, das immer heil und ganz war und ist und nicht getrennt ist – nicht vom Den­ken, nicht von der Auf­merk­sam­keit und ihren Bewe­gun­gen, nicht von der Gegen­wart, nicht von dir.

Du bist die unbe­fleckte Empfäng­nis (um mal biss­chen weih­nacht­lich zu wer­den). Keine Erschei­nung kann das Emp­fan­gen / die Offen­heit beflecken, keine muss anders wer­den oder ver­schwin­den. In den QiGong- u.ä. Beschrei­bun­gen klingt es oft nach Her­bei­füh­ren; mir scheint die christ­li­che Beschrei­bung der Gnade, des Unver­dien­ten, des Geschenks (Weih­nach­ten) eher passend. Advent = Es kommt von selbst.

Es klingt alles immer sehr schön, was du sagst, und ich habe auch manch­mal Momente, wo das tie­fer ein­sinkt. Vie­len Dank noch­mals dafür!

Mir ist in letz­ter Zeit oft auf­ge­fal­len, dass viele der Advaita-Leute an Krebs gestor­ben sind. Da wären zunächst Ramana und Nisargadatta, aber ich habe neu­lich auch ein Buch von Suzanne Segal gele­sen; auch sie ist mit 40 rum an einem Hirn­tu­mor gestor­ben. Auch Nathan Gill ist ja recht jung gestor­ben (weiß nicht ob auch an Krebs).

Interessant ist ja, dass Krebs als eine Art Zwei­heit auf­taucht. Was ist solch eine Erkran­kung denn im Bewusst­sein der Non­dua­li­tät? selbst erschaf­fen? ein Teil des eige­nen Geis­tes? ein selbst gewähl­ter To­des­vollstrecker?

Der Gedanke an Krebs ist eine Erschei­nung; das Gesche­hen, was damit gemeint ist, auch – so wie Kopfweh, Schluck­auf, Bäume … und ebenso das Spe­ku­li­eren übers Warum. Daran ist nichts falsch, nur kann man da halt nur spe­ku­lie­ren, ich auch. Da kannst du genauso gut jeden ande­ren fragen.

Aber sind Krank­hei­ten kom­plett unab­hän­gig von dem, der sie kriegt? Und wenn jemand bestän­dig in der Ein­heit lebt und in stän­di­ger Freude und Liebe, ist es ver­wun­der­lich, wenn solch eine töd­li­che Krank­heit ent­steht. Hast du dich schon mal mit Ken Wilber beschäftigt?

Ich hab mir jetzt übri­gens dein Buch bestellt und die zwei, die du über­setzt hast. Ich bin gespannt und freue mich drauf, sie zu lesen.

Stört es dich eigent­lich, dass ich dir so viele Fra­gen stelle? Ich möchte dir nicht auf die Ner­ven gehen, aber es berei­tet mir große Freude, mit dir zu schrei­ben. Ich glaube, so lang­sam sickert das, was du sagst, auch durch. Man soll ja immer nicht über spirituelle Erfahrungen reden, weil sie dann angeb­lich wieder ver­schwi­nden, und ich habe auch Angst, dass es wie­der ver­schwi­ndet, und mein Mind zwei­felt die ganze Geschichte so­wieso per­ma­nent an. Aber wenn ich mich zum “Medi­tie­ren” hin­setze, geschieht es immer öfter, dass aus meinem Bauch und Her­zen so ein Bliss auf­steigt. Ist es das, worum es bei der ganzen Sache geht?

Manchmal frage ich mich, ob es davon kommt, dass ich frü­her häu­fig Übun­gen gemacht hab und ich ziem­lich hyper­sen­si­bel bin auf jeden Fokus mei­ner Auf­merk­sam­keit. Das Komi­sche daran ist, dass die­ser Bliss da ist, obwohl meine Medi­ta­tion eigent­lich zu einem ein­zi­gen Nach­den­ken ver­kommen ist.
Es ist so ein Wechsel zwischen diesem Bliss und mei­nen Gedan­ken und dann frage ich mich immer, wer die­ses Ich ist, und dann wird mir schnell wie­der klar: Es ist nur ein Gedanke – aber obwohl da unent­wegt Den­ken statt­fin­det, ist der Bliss da. Das ist selt­sam, weil ich doch immer dachte, dass die Stille von Gedan­ken so wichtig ist.

Nein, die Fragen stören nicht und ner­ven nicht. Ich ant­worte eh immer das Glei­che, sind ja auch immer die­sel­ben Fragen. 🙂

Bliss ist eine Erschei­nung. Gedan­ken sind Erschei­nun­gen. Der Gedanke: “Was ist bes­ser?” ist eine Erschei­nung. “Was soll ich tun?”, “Woher kommt das?” – all das sind Gedan­ken, die erschei­nen und wied­er ver­gehen. “Ich möcht’s aber wissen!” – s. o.

Ich dachte, Bliss (Freude, Selig­keit) ist der Urzus­tand des Seins, der auf­tritt, wenn man ein­fach nur “ist”? Sag­test du nicht anfäng­lich mal, dass du auch in purer Freude ein­fach nur da warst? Wenn die grund­lose Freude und das Wahr­neh­men von Gedan­ken ohne Den­ker kein Indiz sind für “Das” – was dann?

“Erscheinung” nenne ich alles, was kommt und geht oder sich ändert, z.B. Zustände wie Freude oder Ver­wirrung.

Freude, die immer da ist, ist keine Erschei­nung. Das Erkennen = Bewusst Sein des Einen Seins zeigt sich in und als Freude. Sie ist das Sein und das Echo im Orga­nis­mus: die Reak­tion darauf, dass alles so sein darf, wie es ist.

Wenn Freude aufkommt, spricht nichts dage­gen, sie zu gen­ießen. Sie als beson­dere Erschei­nung zu suchen, ver­wickelt die Auf­merk­sam­keit in Erschei­nun­gen und in das “Bes­ser / Schlech­ter”-Spiel – statt ein­fa­chem Sein in und mit den Erschei­nun­gen, wie sie gerade sind.

Wo ist der Unterschied zwischen der Freude des Seins und Freude, die kommt und geht? Also hast du eine Freude, die immer da ist und dann kommt manchmal noch eine, die größer ist?
Die Freude bei mir tritt meist nur beim “Meditieren” auf. Kann das nicht ein Indiz sein, das ich manchmal verstehe zu sein und manchmal wieder in der Story verwickelt bin? Oder ist auch die Freude, die immer da ist … manchmal weg?

Wie ist es mit den Erscheinungen, die kommen und gehen eigentlich in Bezug auf so Sachen wie Kopfschmerz und Tinnitus, der eben nicht kommt und geht, sondern immer da ist?

Der Verstand ver­sucht, sich an “Indi­zien”, an Maß­stä­ben (“bes­ser /schlech­ter”, “näher /wei­ter”, “wär­mer /käl­ter”) zu orien­tieren. Er geht nach der Topf­schlage-Strategie vor, nur funk­tio­niert das nicht (wenn du mich fragst; andere Leute haben ja eine Menge Orien­tie­rungs­punkte und Rezepte im Angebot).

Dem Verstand scheint es ein Fort­schritt, wenn eine Frage beant­wor­tet wird, mit dem Ziel, dass irgend­wann alle Fragen beant­wor­tet sind. Das Den­ken kann es aber ein­fach nicht erfas­sen und ist letzt­lich nur eine Ablen­kung (wenn es für relev­ant gehal­ten wird).

Meine Empfeh­lung ist nach wie vor: Sei da ohne zu wis­sen, orien­tie­rungslos.
Hör, wie der Ver­stand sagt: “Na toll, aber … (woher weiß ich …)”. Lass ihn in Ruhe, dann lässt er dich in Ruhe.

Da ist die eine Prä­senz, in der alle Erschei­nun­gen auf­tau­chen. Sie ist keine Emotion und kein Tinni­tus, und wenn sie dich küsst, dann ist es klar und frag­los und ein­deu­tig und unzwei­fel­haft … wie ein Kuss eben.
Das heißt nicht, dass der Ver­stand plötz­lich alle Ant­wor­ten weiß oder sich keine Fra­gen mehr aus­den­ken könnte, son­dern es ist klar, dass er das Wesent­liche des Kus­ses, seine stille Leben­dig­keit, nicht erfas­sen kann und muss.

Du kannst nur kuss­be­reit sein, oder aber auf die Fra­gen hören zu Kuss­tech­nik, Bereit­schaft, Vor­be­rei­tung, Fort­schrit­ten, Indi­zien für Annä­he­rung, Iden­ti­fi­zieren des Küssenden usw.
Und der / die / das Geliebte sagt: “Sei still und küss mich!”
In diesem Kuss ist alles eins.

 Vielen Dank!  🙂

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