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Liebevolles Bewusstsein erlauben

 

Wenn du wirklich wissen willst, was jetzt ist, egal wie es sich zeigt, dann schenkst du ihm volle Aufmerksamkeit. Dieses Schenken ist das Geschenk. Du schenkst dem Jetzt alles was du hast und alles was du bist. Nicht als Strategie oder als Übung, sondern weil du es liebst zu schenken und weil du es liebst, beschenkt zu werden. Beschenkt werden ist nicht etwas Bestelltes bekommen, sondern es hat etwas Unerwartetes, Warmes, Liebevolles.

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Liebe ist nichts, das wir machen, konstruieren oder herbeidenken müssen. All diese Versuche erschweren eher das Erleben von wahrer Liebe, weil sie die Annahme bestärken, dass sie fehlt oder dass sie eine vorgegebene Form annehmen müsste. Statt »Liebe erschaffen« geht es hier darum, Liebe zu erlauben. In diesem Loslassen und der bedingungslosen Erlaubnis des Jetzt-Erlebens erfährst du dich als liebevolles Bewusstsein.

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Stille

 

»Liebevolles Bewusstsein« ist eine von vielen passenden Beschreibungen. Wir könnten es auch Stille nennen, oder Offenheit oder Leere oder Ursprung oder Raum oder das Absolute … All diese Begriffe weisen auf dasselbe hin: Das, was erlebt, ist keine Person, nichts Begrenztes mit Geschichte(n), sondern etwas Zeitloses, Formloses. Die Stille ist wach, die Wachheit ist still. Liebe ist keine Zutat dazu, sondern das Wesen der Stille.

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Viele Meditationstechniken legen Wert auf eine stille Umgebung: »Sitz still in einem möglichst stillen Raum und schau nur auf eine weiße Wand oder auf den Boden vor dir …« Solche reizarmen Umgebungen können das Erleben der inneren Stille erleichtern. Die Aufmerksamkeit verliert sich nicht in den Umweltgeräuschen oder Bewegungen im Raum. Diese Stille tut dem Organismus gut und lässt ihn zur Ruhe kommen. (Wenn du im Lauf des Tages die Augen immer mal für eine Weile schließt, wirst du merken, wie dankbar sie für die Erholungspausen sind!)

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Wenn du äußere Stille aber zur Bedingung dafür machst, innere Stille zu erleben, dann schränkst du das Erleben ein, und dir entgeht etwas Wesentliches: Die Stille in allem Erleben und hinter allem Erleben verschwindet nicht durch äußere Umstände.

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Neulich habe ich eine Freundin im Krankenhaus besucht, die nach einer lebensbedrohlichen Herzoperation Hirnblutungen bekommen hatte und deshalb noch zweimal am Gehirn operiert worden war. Die Umgebung war laut und hektisch: Stimmengewirr, viele Maschinen, viel Bewegung um uns herum. Und meine Freundin hatte große Angst; sie konnte kaum noch sprechen und war desorientiert. Ich hielt ihre Hand und wir sahen uns in die Augen, ohne etwas zu sagen. Es war still und friedlich; auch meine Freundin wurde ruhig und entspannt. Dazu musste ich nicht ausblenden, was um uns herum geschah. Ich sprach mit der Ärztin, und da war weiterhin eine Patientin, die ständig »ogottogottogott!« rief: »Ogottogottogott! Ogottogottogott!« All das gehörte zu dieser Situation und musste nicht verschwinden, um diese innere Stille zu fühlen.

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Das hat nichts damit zu tun, dass ich besonders cool wäre, und auch nichts mit Distanziertheit oder »Nicht-an-sich-ran-Lassen«. Es ist einfach nur ein Beispiel dafür, dass die Stille in und hinter den Umständen und Erscheinungen immer da ist. Sie zeigt sich nicht, wenn du sie herbeiführen oder erzeugen willst. Sie zeigt sich nicht, wenn du etwas ausblendest, sondern wenn du ihr vertraust. In diesem Vertrauen liegt eine Offenheit, die selbst still ist.

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Wir lieben es, diese Offenheit zu erleben und diese Offenheit zu sein. Wenn du offen bist, bist du liebevoll; wenn du liebevoll bist, bist du offen. Du kannst erleben, wie in dieser liebevollen Aufmerksamkeit sich eine Intelligenz entfaltet, die keine Worte braucht, um die Situation zu verstehen. Sie ist nicht passiv: Überlass das Tun dieser kreativen, liebevollen Intelligenz und du erlebst, wie passend und stimmig und frisch das ist, was durch dich gesagt und getan wird!

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Du erlebst, dass du nicht die Person bist, für die du dich hältst: keine Sammlung von Erinnerungen, Regeln, Bedingungen, sondern die Offenheit fürs Jetzt.

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Diese wache, intuitive Intelligenz nutzt natürlich auch die Lernerfahrungen und Fähigkeiten des Organismus und drückt sich durch sie aus. Wenn wir sprechen, greifen wir auf Worte zurück, die wir gelernt haben; wenn wir musizieren oder tanzen, dann kommen Bewegungsmuster ins Spiel. Muster, Wiederholungen, Formen sind Teil der Natur. Symmetrie, Harmonie, Rhythmus – all das sind Muster. Sie begrenzen uns nicht. Wir spielen mit diesen Mustern, wir variieren sie und erschaffen neue Ausdrucksformen. (»Wir«, das ist die Lebendigkeit, die durch uns lebt.)

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Wo das Denken auf Routinen und Regeln zurückgreifen würde, findest du im direkten Erleben das Zusammenspiel von Erleben und Tun. Du wirst vom Flow getragen, zu dem du beiträgst.

All unsere Experimente sind Gelegenheiten, uns dieser wachen Lebendigkeit zu überlassen, die wir sind. Das, was zögert, sich dem hinzugeben, ist die Angst, die Kontrolle zu verlieren, wenn wir ganz wir sind. Dieser Kontrollwunsch will uns vor unserer eigenen Lebendigkeit beschützen.

Nimm das als Experiment: Achte darauf, was passiert, wenn du auf diesen Kontrollwunsch verzichtest. Nicht für immer, nur für jetzt.

Aus dem Buch:

Anker im Jetzt
Achtsamkeit: entspannt und glücklich leben


von Dittmar Kruse
erhältlich als eBook und Taschenbuch
 

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