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Erleuchtung: War’s das schon?

Lieber Dittmar,

vor ein paar Tagen hab ich auf der Seite von X so nen “Erleuch­tungs­kurs” mit­ge­macht. Kennst du die Seite? Jeden­falls wurde mir bestä­tigt, das “Tor­lose Tor” durch­schrit­ten zu haben. Warum schreib ich dir…? Hmm, ich glaub, dass u.a. ein Zwei­fel daran betei­ligt ist. Ist schon irgen­dwie komisch: Wenn es das jetzt wirk­lich war, wonach ich immer gesucht habe … Die letz­ten Tage nach der “Tor­durch­fahrt” waren jeden­falls von mehr Klar­heit und Leich­tig­keit gekenn­zeich­net. Viel­leicht hast du ja ein paar Worte für mich?!

Diese Frage: “War’s das jetzt wirk­lich schon?” haben mir schon einige “X-Absol­ven­ten” gestellt. Ob du etwas durch­schrit­ten hast und was das war hängt davon ab, wie das Tor defi­niert wird. Mir scheint es ein rie­si­ger Unter­schied zu sein, ob da jetzt zusätz­lich zum Erle­ben ein korri­gie­ren­der / erklä­ren­der Gedanke kommt (“… aber da ist ja niemand”) – was ein intel­lek­tu­elles Ver­steh­en ist und viel­leicht auch eine emot­io­nale Beru­hi­gung mit sich bringt. Und oft auch den Gedan­ken: “Ich bin jemand, der das Tor durch­schrit­ten hat.” (TOR 1)

Oder ob eine ener­ge­ti­sche Auf­lö­sung geschieht, ob das Gefühl der Getrennt­heit und Unvoll­stän­dig­keit in der Offen­heit ausge­löscht ist. Ob eine Abso­lut­heit im Moment, in den Erschei­nun­gen erkannt wird. Ob die Erschei­nun­gen als Ausd­ruck der­sel­ben lie­be­vol­len Quelle erlebt wer­den. Als Erschei­nungs­for­men de­rsel­ben Leben­dig­keit. Als Innig­keit der Quelle mit sich selbst. Ob das Erle­ben von Liebe erfüllt ist. Ob das Erle­ben ein Tor­lo­ses Tor ist, ein stän­di­ges Erwachen in die­sen Moment. Ob die­ser Moment das Tor­lose Tor ist. Ob Du das Tor­lose Tor bist. Ein Zusam­me­nsein, ein Zusam­mens­piel von allem. Ein Wunder. (TOR 2)

So habe ich das Tor erlebt und so erlebe ich es. Das heißt nicht, dass ich immer won­nig­lich drauf bin und die Auf­merk­sam­keit immer weit und ent­spannt ist. Ich erlebe auch immer wieder mal Anspan­nung und Ärger oder Traur­ig­keit. Das ist die Folge einer Vor­stel­lung, wie “die Welt” sein sollte, nach der die Welt sich nicht rich­tet; die Folge eines Mus­ters, das wie eine Selbst­schuss­an­lage abläuft. Sol­che Vor­stel­lun­gen haben sich irgend­wann in einem arg­lo­sen, kind­li­chen Geist ein­ge­nis­tet als lieb­evol­ler Wunsch: “Das Leben wäre viel schö­ner, wenn nur …”

Wenn das Muster wehtut – vor allem, weil das Tor 2-Erle­ben dadurch in den Hin­ter­grund tritt –, dann geht die Auf­merk­sam­keit von der Dis­kre­panz zwi­schen Wunsch und Wirk­lich­keit auf den Wunsch selbst, auf das Mus­ter. Dann erlebe ich den Preis, den das Behar­ren auf Bedin­gun­gen kos­tet (die nicht mal “meine” Bedin­gun­gen sind, sondern von einer Vor­stel­lung / einem Mus­ter gestellt wer­den, das sich vor lang­er Zeit im Orga­nis­mus ein­ge­nis­tet hat). Und wenn das Mus­ter erkannt wird, dann endet die Fixie­rung darauf und das Erle­ben ent­spannt sich. (Manch­mal dau­ert es auch biss­chen mit dem Erken­nen …) Gleich­zei­tig ist klar, dass diese Mecha­nis­men nichts Per­sön­li­ches sind, sondern Erschei­nungs­for­men der Leben­dig­keit, nur ener­ge­ti­sche Ver­fes­ti­gun­gen, die sich im Licht der Gege­nwart ver­flüs­si­gen. Die Auf­merk­sam­keit ist ein Update in die Frei­heit. Jeden­falls, sol­che Bedin­gungs­mus­ter tau­chen bei mir immer noch auf. (Meine Freundin gibt dir da gerne eine Liste!)

Und dann gibt es natürlich auch noch körperliche Schmerzen und Krankheiten: Der Körper äußert ein Bedürfnis, er sucht eine Änderung,  eventuell mit großer Dringlichkeit, genau wie es bei jedem Tier auch ist. "Aha, Blut fließt, eine Glasscherbe im Fuß, naja, es ist wie es ist." - Nein: Das Gefühl sagt "Au!" und der Organismus kümmert sich um eine Verbesserung.

Auch eine Beschrei­bung wie die von Tor 2 kann leicht zu einer Bedin­gung ans Erle­ben werden: “So sollte es sein – ver­dammt, so ist es aber noch nicht!” Das erschwert das unvor­ein­ge­nom­mene, bedin­gungs­lose Schauen, wie die Wirk­lich­keit ist, wenn sie keine Kri­te­rien erfül­len soll.

Ohne Kriterien und Bedin­gun­gen schaut die ein­zige wirk­li­che Auto­ri­tät für Wach­heit: die Wachheit.

Lieber Dittmar, deine gehalt­vol­len Zeil­en drin­gen wie immer tief in mich ein und brau­chen auch noch Zeit zu wir­ken. Auch dein authen­ti­sches Beschrei­ben deines Erle­bens ist mir ein gro­ßes Geschenk. Vielen Dank !

Eine kurze Bilanz: Nach dem “Tor­durch­lauf” war und ist mehr Klar­heit. Es schei­nen die alten bekann­ten Gedan­ken­nmus­ter – für län­gere Zeit – nicht mehr zu grei­fen, das fühlt sich nach mehr Frei­heit an. Es wird immer wie­der gese­hen, dass diese Filme sich nur noch um sich selbst dre­hen und keinem Ich-Kern mehr die­nen. Es sind Gedan­ken, Bilder, wie [Name] dies und das macht, und sie füh­len sich wie immer an, bis ein Sehen oder Erin­nern auf­taucht und die­ses wird oft von dem Gedan­ken beglei­tet “Es gibt kein Ich”. Also ein Wech­sel: Film-Iden­ti­fi­zie­rung und danach sehen, das ist nur ein Film – dies scheint das Erken­nen bewirkt zu haben.

Was jedoch nicht erlebt wird, ist ein Ein­heits­ge­fühl, eine Liebe, die alles umfasst, ein Innen und Außen als Illus­ion… im Ansatz viel­leicht schon, jedoch ist es kein Grund­ge­fühl. Auch dass im Gegen­über kein Ich ist, scheint sich nur lang­sam zu grün­den. Daher plä­diere ich eher dafür, dass hier wohl das Tor 1 durch­schri­tten wurde — immerhin.

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